
Zufriedenheit kann Frieden schaffen
Sibylle Schwenk in der Reihe „kreuz und quer“ der Remszeitung
Wann wird die Welt eigentlich wieder „normal“? Das wird sich so manche und mancher in den letzten Monaten und Jahren gefragt haben. Ukraine-Kriege, Krieg im Nahen Osten, Klimakrise, steigende Lebensmittelpreise, unbezahlbare Wohnungen. Wie soll das eigentlich weitergehen? Zukunfts- und Existenzängste plagen viele Menschen in dieser Zeit. Und hier sprechen wir auch von der Sicherheit der Jobs, von der Rente, von diffusen Schuldzuweisungen, dass der eine oder die andere mehr Sozialleistungen bekommt, als es gerecht erscheint. Wie können wir als Christen mit solchen Situationen umgehen? Darüber machen sich in der Reihe kreuz und quer der evangelische Pfarrer Jochen Leitner und der katholische Dekanatsreferent Romanus Kreilinger Gedanken.
Das Klingeln an seiner Haustüre habe schon zugenommen. Pfarrer Jochen Leitner ist nachdenklich. „Die Menschen haben Sorgen, wie es weitergehen kann“, berichtet der Pfarrer aus Großdeinbach. Manche klingeln dann an seiner Tür und es entsteht ein Gespräch. Es geht um Existenzängste wirtschaftlicher, aber auch psychologischer Natur. Oft kommt das eine zum anderen. Wut, Enttäuschung und Bitterkeit. „Wir sortieren dann im Gespräch“, so Pfarrer Leitner, „was jetzt nützen oder stärken kann“. Manchmal relativieren sich dann die Dinge auch, und die Zukunft sieht nicht mehr ganz so schwarz aus.
Die Welt sei komplizierter geworden, sind sich Jochen Leitner und Romanus Kreilinger einig. Die Schere zwischen Arm und Reich klaffe immer weiter auseinander. „Ich begreife nicht, warum man extrem reiche Leute nicht stärker besteuern kann“, überlegt Leitner. Dann würden sich vielleicht die existentiellen Nöte der sehr armen Menschen beheben lassen.
Kompliziert sehen die beiden Theologen auch die Entwicklung in den Sozialen Medien. Die Hemmschwelle bei Kommentaren ist aufgrund der großen Anonymität sehr niedrig, man achtet nicht mehr auf den Ton, viele bekommen von vielen etwas mit, was sie selbst nicht haben können. Das schüre Neid und Missgunst. „Ich spreche die Leute mittlerweile ganz konkret an“, lässt Leitner wissen.
Zufriedenheit als Grundlage für ein friedliches Miteinander
Dass die Zufriedenheit eines Menschen die Grundlage dafür ist, sich nicht in gegenseitigen Schuldzuweisungen oder gar Hass zu verlieren, müsse wieder mehr in den Fokus gerückt werden. Studien zeigen, dass für die Zufriedenheit eines Menschen an erster Stelle Beziehungen stehen – zu sich selbst und zu anderen. Danach kommt die monetäre Zufriedenheit, gefolgt von der Selbstwirksamkeit und der Dankbarkeit.
„Selbstwertgefühl und Selbstwirksamkeit sind ganz zentrale Punkte, damit Menschen sich gut und zufrieden fühlen“, ist sich Romanus Kreilinger sicher. Als Christ glaube er daran, von Gott angenommen und wertgeschätzt zu sein. Und noch eines ist für ihn von großer Bedeutung: „Wir müssen wieder lernen, die Hoffnungszeichen bewusst wahrzunehmen und das Gute im Leben auch sehen zu wollen“.
Dass das Gute funktioniert, darüber ist sich auch Jochen Leitner sicher. Gute Nachrichten bekämen zu wenig Raum. Es liegt an jedem Einzelnen, das Verhalten in dieser Hinsicht zu überprüfen und zu überdenken. Vielleicht ergibt sich dann schon eine Veränderung.