Petrus ohne Insta
Sibylle Schwenk in der Reihe „Wort zum Sonntag“
„Du bist Petrus. Und auf diesen Stein will ich meine Kirche bauen.“ Vielleicht kennen Sie dieses Zitat aus dem Matthäus-Evangelium. Ein bedeutender Satz, den Jesus da gesprochen hat. So bedeutend auch, dass er in der Kuppel des Petersdoms in Rom verewigt ist.
Viele Menschen stehen in der Urlaubszeit Schlange vor der berühmten Kirche, um diese Inschrift mit eigenen Augen sehen zu können. Doch mittlerweile hat das Smartphone die Regie des Sehens übernommen. Auf dem Display versucht man im Zoom-Modus einen besseren Blick zu erhaschen. Dann wird noch schnell die Kamera gedreht, um ein Selfie für Insta zu machen. Dort gibt es dann einen Post. Alle Freunde können es, wenn es dem Algorithmus gefällt, dort sehen. Für etwa drei Sekunden staunen die Daheimgebliebenen: Florian vor der Sagrada Familia in Barcelona, Silke vor dem Eiffelturm in Paris, Manfred vor dem Empire State Building in New York. Und ich: Unter der Kuppel im Petersdom in Rom mit diesem berühmten Satz. „Du bist Petrus…“
Ich habe für mich entdeckt: Das Handy bleibt in der Tasche beim Erleben solcher berühmter Orte. Ich sehe besser mit meinen Augen, ich nehme die Atmosphäre in mich auf, fühle für einen Moment die Idee in der Kunst von Gaudi, die Schönheit der Architektur des Eiffelturms und: die Bedeutung des Satzes in der Kuppel des Petersdoms. Dieser Mensch, Petrus, liegt dort begraben. Was für ein Gefühl. Es ist eines, das mir kein Foto vermitteln kann. Im Gegenteil. Das Fotografieren und der Drang, die perfekte Perspektive zu erwischen, lenken mich davon ab, diesen Moment mit allen Sinnen zu begreifen, zu erleben und zu genießen.
Petrus ohne Insta. Das ist intensiver, das ist besser. Denn dieses Erlebnis bleibt auch ohne Handyfoto und ohne Post auf Social Media in mir versunken.