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Foto (Schwenk): Maria Sinz , KAB Regionalsekretärin

Schwache Lichtblicke für die Pflege

28.07.2023 Sibylle Schwenk

„Was wäre wenn“ – so lautete der Titel der Öffentlichen Mittagspause im Foyer des Hauses der Katholischen Kirche. Einblicke in das Thema „Gute Bedingungen für die Pflege“ gab Maria Sinz, Regionalsekretärin der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB). Der von ihr geleitete Treffpunkt „Arbeitnehmer:innen in der Pflege“ befasst sich schon seit langer Zeit damit.

 

Was wäre denn…wenn Pflegekräfte an ihren freien Tagen nicht zum Dienst einspringen würden, wenn sie Pausenzeiten einhalten und tatsächlich zu Hause bleiben würden, wenn sie krank sind? Was wäre wenn…pflegende Angehörige nach acht Stunden Dienst Feierabend machten? Und:

Fehlt insgesamt der politische Wille, den Herausforderungen in der Pflege wirkungsvoll zu begegnen?

Diese Fragen stellte Moderatorin Sibylle Schwenk, Öffentlichkeitsreferentin des Dekanats Ostalb, bei der Veranstaltung.

„Die Belastung für Pflegende nimmt zu, obwohl viele Schritte zur Verbesserung von verschiedenen Seite aus gegangen werden ,“ stellt Maria Sinz zu Beginn fest . Sie zählt auf: das Pflegegeld wird angehoben, Freistellungen werden verbessert für pflegende Angehörige, es gibt Vereinfachungen beim Zusammenlegen von Verhinderungs-und Kurzzeitpflege, Quartiersarbeit wird entwickelt, Pflegestützpunkte werden ausgebaut, Pflegekassen stellen mehr qualifizierte Pflegeberater:innen zur Verfügung. Meilensteine aus Sicht der Beschäftigten waren die Anerkennung von Tariflöhnen bei der Refinanzierung, der Einstieg in ein einheitliches Verfahren zur Personalbemessung, und zuletzt ein Schritt in Richtung allgemeinverbindlicher Tarifvertrag, der Mindeststandards sichert.

Maria Sinz erinnert an den bundesweit ersten Flashmob „Pflege am Boden“, der 2013 vom KAB- Treffpunkt aus in Aalen stattfand. „Es gibt Verbesserungen, aber 10 Jahre sind für junge Menschen, die gerade den Beruf ergriffen hatten, eine lange Zeit.“ 

Ernüchternd sei festzustellen:  Einerseits werde viel Engagement in gute Pflege gesteckt, zuallererst von den Berufsträgerinnen selbst, von deren Einrichtungen, von pflegenden Angehörigen, von engagierten Bürgern und von Kommunal-und Sozialpolitikern.  Gleichzeitig bleibt der Eindruck, Verbesserungen im Sinne von Entlastung kommt bei denen, die die Arbeit tun, nicht an.

Das Problembewusstsein sei gewachsen, so Maria Sinz weiter: „Mittlerweile gibt es drei wissenschaftliche Studien, die ermittelt haben, dass Beschäftigte in den Beruf zurückkehren, wenn sich die Bedingungen, wie z.B. verlässliche Dienstpläne und ausreichend freie Tage, verbessern“.

Doch allein durch diese Feststellung verändere sich nichts.

Sie ruft neben dem konkreten, sozialen Engagement auch zu sozialpolitischem Engagement auf, zum Beispiel für die längst versprochene, immer noch ausstehende Pflegereform, die Pflege nachhaltig finanziell solide sichern soll. Die KAB begnüge sich hier nicht mit der Forderung nach mehr Steuerzuschüssen. „Wir treten für eine grundlegend solidarische Finanzierung der Pflege ein.“ Das bedeutet, dass alle Einkommen, wie z. B. aus Mieten und Geldanlagen mit entsprechenden Freibeträgen, zur Finanzierung herangezogen werden. Es bedeutet auch die Zusammenführung von privater und gesetzlicher Pflegeversicherung.

„Für dieses Modell gibt es derzeit keine Mehrheiten“, bedauert Maria Sinz. Und weiter: „Wir schaffen es ja nicht mal, die Bemessungsgrenze auf das Niveau der Rentenversicherung anzuheben, nicht als Notlösung, sondern als Baustein eines Gesamtkonzeptes. Dennoch bleiben wir in der Perspektive der Hoffnung. Die gemeinsame Verantwortung für eine solidarische Gesellschaft wird stärker werden. Die Situation in der Pflege jedenfalls zeigt, dass Effizienzprogramme an Grenzen stoßen – denn letztlich geht es schlichtweg ums Teilen.“

 

 

Info: Die nächste Öffentliche Mittagspause findet am 28. September um 12.00 Uhr im Foyer des Hauses der Katholischen Kirche statt. Die Ökumenisch Psychologische Beratungsstelle gestaltet sie. Nach einem kurzen inhaltlichen Input gibt es eine Kleinigkeit zu essen. Es ist keine Anmeldung erforderlich.

 

Am 16. Oktober findet von 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr ein Workshop statt zum Thema „…so wie ich versorgt werden möchte“. Hier geht es mit Referent Michael Brugger (wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Sozialethik an der Uni Tübingen) um die Bedingungen professioneller Menschlichkeit.

Anmeldungen bis 11. Oktober bei msinz@blh.drs.de oder 07361-590-20