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Foto (privat): Hans-Christian Richter, Pastoralreferent SE Unterschneidnheim

Heilige

Hans-Christian Richter in der Reihe „Wort zum Sonntag“ – Schwäbische Post

An der Wand einer Kirche sehe ich einen verschnörkelten Sockel, mit vielen Schnitzereien in gold, blau und rot. Darauf eine Figur in einem Gewand, mit nem Stab, nem Buch und einer Kirche in der Hand. Eine Heiligenfigur. Sieht gut aus da an der Wand. Gleichzeitig erscheint mir die Figur irgendwie zu glatt, zu perfekt, zu glänzend – halt so heilig. Naja, es ist auch eine Heiligenfigur.

Mit solchen Heiligen, wie sie gezeigt werden und den Geschichten, die über sie erzählt werden, kann ich wenig anfangen. Sie sind mir zu gut, zu perfekt. Weil ich dann denk: Es waren doch Menschen, die hier auf der Welt gelebt haben. Hatten streit mit ihren Geschwistern, Auseinandersetzungen im täglichen Leben und vielleicht wollten sie einfach auch mal abschalten und Abstand gewinnen. Klar, sie haben anderen geholfen und wurden oft schon während der Zeit hier von vielen Leuten gefeiert. Das ist schon nice, aber es ist so, als könne es sowas heute nicht mehr geben. Weil man ja auch Fehler macht und es wichtig ist, diese sich einzugestehen – sie nicht einfach wegnegieren und drüber hinweg sehen, wie es bei Heiligenlegenden oftmals der Fall ist.

Ich glaube aber, dass es heilige Menschen auch heute noch gibt. Eben anders. Neben mir in der Bahn, an der Kasse, auf der Arbeit oder in meinem Adressbuch. Menschen, die mir wichtig sind in meinem Alltag. An denen ich mich orientiere, die mir Halt geben können. Auf sie möchte ich nicht verzichten und deswegen sind sie mir auch heilig.

Die schönen Figuren auf den Sockeln sehen gut aus, aber für mich können auch andere Menschen heilig sein und dann sehen die eben auch anders aus. Mit Hoodie, Vans und Jeans. Für mich sind auch heute Heilige am Start, diese wünsche ich Ihnen auch.