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Wir sind ein Teil des Gottesgeschenkes „Erde“

Sibylle Schwenk in der Reihe „kreuz und quer“ der Remszeitung

kreuz und quer: Zunahme von Klimakatastrophen: Bei mir selber anfangen? Das große Ganze sehen und Hilfe in Katastrophenfällen – ein Gespräch mit Pfarrerin Maike Ulrich und Dekanatsreferent Tobias Kriegisch

Wir sind ein Teil des Gottesgeschenkes „Erde“

Zunehmende Unwetter, Hitzewellen, steigende Meeresspiegel und Extremwetter-Ereignisse: der Klimawandel hat spürbare Folgen. Und dass der Ausstoß von CO2 einer der Faktoren ist, der die Klimaerwärmung am stärksten vorantreibt, steht längst fest. Politiker:innen ringen um gemeinsame Maßnahmen. Klimaschutz muss auf der großen Welt-Bühne geschehen, damit er wirksam werden kann. Zählen auf dieser großen, globalen Bühne auch die kleinen „Statisten“? Wie können wir es schaffen, das große Ganze zu sehen und zu begreifen, dass jede auch noch so kleine Maßnahme wichtig und wertvoll ist? Und: Sollte der Katastrophenfall vor Ort eintreten – können die Kirchen mithelfen? Ein Gespräch mit der evangelischen Pfarrerin Maike Ulrich und dem katholischen Dekanatsreferenten Tobias Kriegisch.

Welche klimaschützende Maßnahme ist bei Ihnen bereits in Fleisch und Blut übergegangen und nicht mehr wegzudenken?

Ulrich: Für mich ist es selbstverständlich geworden mit dem Fahrrad oder mit dem Zug zu fahren. In den 1970er-Jahren gab es immer die autofreien Sonntage. Daran habe ich wunderbare Erinnerungen. Wir haben aus diesen Tagen etwas gemacht und alle waren mit dem Fahrrad da. Dieses positive Gefühl begleitet mich heute noch, wenn ich mein Fahrrad nehme.

Kriegisch: Ich pendle mit dem Zug von Mögglingen nach Aalen ins Büro oder bis Rottenburg, wenn das ansteht. Irgendwann habe ich gespürt, dass es keine Hürde ist, sich so zu verhalten – im Gegenteil: Ich muss keinen Parkplatz suchen, habe eine kleine Auszeit oder bei längeren Fahrten Zeit zum Arbeiten. Auch im Haushalt gibt es viele Möglichkeiten sich klimaschonend zu verhalten. Ich denke an das Einsparen von Strom oder die Mülltrennung. Das geht ganz einfach. Man muss es nur tun….

Wie gehen Sie auf Menschen zu, die sich offensichtlich klimaschädigend verhalten?

Kriegisch: Beruflich und privat achte ich darauf, mich selbst so zu verhalten, dass ich nicht offensichtlich klimaschädigend handle. In diesem Umfeld sage ich auch etwas, wenn es eine klimafreundlichere Option gibt. Ansonsten merke ich, dass die Stimmung gereizter wird. Früher habe ich zum Beispiel noch etwas gesagt, wenn jemand den Automotor laufen ließ. Inzwischen halte ich mich da eher zurück.

Ulrich: Ich bringe mich bei Entscheidungsprozessen ein und werbe für den Mehrwert, den klimafreundliches Verhalten mit sich bringt. Das Positive in den Vordergrund zu rücken finde ich sinnvoller, als andere mit erhobenem Zeigefinger zu ermahnen. Ein echtes Problem habe ich mit Menschen, die den menschengemachten Klimawandel leugnen.

 

Privatpersonen und –haushalte sind nicht die großen Verursacher des Klimawandels. Das sind eher Unternehmen, die mit fossilen Energien arbeiten. Das kann für einzelne Personen ziemlich entmutigend sein. Wie geht es Ihnen damit?

Kriegisch: Was der Einzelne tut hat eine Wirkung! Ich kann mir sehr wohl überlegen, ob ich eine Kreuzfahrt mit einem Schiff mache und vielleicht noch zum Startpunkt fliegen muss. Alles, was man tut hat eine Auswirkung und die ist noch größer, wenn alle in die gleiche Richtung gehen. Letztendlich will ich am Ende des Tages in den Spiegel schauen können mit dem Gedanken, dass ich es versucht und mich angestrengt habe. Es ist für mich keine Alternative, alles einfach so laufen zu lassen.

Ulrich: Es gibt ein gutes Beispiel, dass sich etwas wenden kann, wenn alle an einem Strang ziehen: Paris ist innerhalb von neun Jahren zu einer grünen Stadt geworden! Statt Autokolonnen fahren jetzt Fahrräder um den Arc de Triomphe. Das ist doch klasse! Mir geht es darum, dass man sich mit einer neuen Lebensart sozusagen anfreundet und es nicht als Verlust sieht, zum Beispiel auf das Auto weitgehend zu verzichten.

Wie sieht es mit dem christlichen Verständnis hinsichtlich des Schutzes der Umwelt und der Erde aus?

Ulrich: Im christlichen Verständnis sind wir als Menschen ein Teil der Erde, ein Teil des großen Ganzen.  Wir gehören zur Erde und die Erde gehört zu uns.  Sie gehört uns nicht! Als Teil der Erde ist es doch selbstverständlich, dass wir sie lieben und sie bewahren. Als Menschen sollen wir die guten „Verwalter“ der Erde sein.

Kriegisch: Christen glauben daran, dass uns das Leben und die Erde von Gott geschenkt ist. Es ist deshalb selbstverständlich, dass wir mit diesem Geschenk sorgsam umgehen und die Erde gut an die nachfolgende Generation weitergeben.

Sollte es vor Ort zu einem Katastrophenfall kommen: Können wir als Kirchen Hilfe leisten?

Ulrich und Kriegisch: Wir können mit dem helfen, wo unsere Kernkompetenzen liegen, z. B. in der Seelsorge im Notfall. Es ist zum Beispiel auch die Bereitstellung von Räumen denkbar oder eine Art Suppenküche. Unsere Kernkompetenz jedoch ist die Hoffnung! Wenn andere in der Hoffnungslosigkeit versinken, können wir unsere Hoffnung vermitteln, dass es mit Gottes Hilfe wieder gut werden kann.

 

01.04.2025/Dekanat Ostalb/Sibylle Schwenk

 

Foto (Schwenk): Pfarrerin Maike Ulrich und Dekanatsreferent Tobias Kriegisch in der Kirche St. Michael in Schwäbisch Gmünd, die ökumenisch genutzt wird.

Foto (Schwenk): Pfarrerin Maike Ulrich, Dekanatsreferent Tobias Kriegisch