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Foto (Schwenk): Dekan Robert Kloker (links) und Pfr. Reiner Kaupp beim Adventskranz im Gmünder Heilig-Kreuz-Münster

„Traditionen sind nicht das Halten der Asche“

Sibylle Schwenk in der Reihe „kreuz und quer“ der Remszeitung

Traditionen spielen in unserem Leben eine große Rolle. Sie stehen für das Bewährte, Vertraute und Bekannte. Sie sind etwas, das uns lieb und teuer ist, das wir ungern verändern oder aufgeben.  Indem wir sie wiederholen, geben wir unserem Leben eine feste Struktur, schaffen Bleibendes in der Veränderung, stellen eine rhythmische Gliederung dar. Durch Rituale schaffen wir einen Rahmen, der unserem Leben gerade auch in unruhigen Zeiten Halt und Sicherheit gibt. Kaum eine Zeit ist so stark mit Traditionen behaftet wie die Advents- und Weihnachtszeit. Wir fragen bei dem katholischen Dekan Robert Kloker und beim evangelischen Pfarrer Reiner Kaupp nach, wie sie es mit Traditionen halten, und welche aus christlicher Sicht besonders wertvoll sind.

Auf welche Traditionen vor und um die Advents- und Weihnachtszeit freuen Sie sich am meisten?

Kaupp: Ich freue mich besonders über die Symbolik des Lichts. Der Advent kommt ganz „heimlich“ daher, erst mit der Zeit werden immer mehr Kerzen entzündet. Ich freue mich auch auf die Gemütlichkeit, die geschmückten Fenster bei uns zuhause und unsere Engelsfiguren aus dem Erzgebirge, von denen wir mittlerweile an die 100 Stück besitzen. Das Besondere an den Engeln ist ja, dass sie alle mit einem Instrument dargestellt sind.

Kloker: Das passt zu meiner liebsten Tradition. Für mich spielt die Musik in der Advents- und Weihnachtszeit eine große Rolle. Ich singe selbst sehr gerne und zu meinen persönlichen Favoriten zählt „Macht hoch die Tür“. Das Singen der Adventslieder betont das Warten auf die Ankunft des Herrn und deshalb lege ich auch sehr viel Wert darauf, dass nicht schon vorher Weihnachtslieder gesungen und gespielt werden.

Auf welche Tradition würden Sie gerne verzichten?

Kloker: Also der Trubel und die Kommerzialisierung von Weihnachten sind ja leider auch schon fast eine Tradition geworden. Darauf könnte ich gerne verzichten.

Kaupp: Mir sind auch die Weihnachtsmärkte zu laut und zu bunt, wenn auch Begegnung etwas Gutes ist. Und ich brauche das Weihnachtsgebäck nicht schon vor den Sommerferien.

In der Adventszeit sprechen wir immer von Ruhe und Besinnung. Das Gegenteil ist zumeist der Fall. Wie schaffen Sie sich Ruheinseln?

Kloker: Der Advent ist für uns beruflich gesehen immer mit großen Anforderungen verbunden. Dann genieße ich es, zum Beispiel in ein Kirchenkonzert zu gehen, nur als Besucher und Zuhörer, ohne berufliche Verpflichtung. Dort kann ich Entspannung und innere Ruhe finden.

Kaupp: Meine Ruheinseln sind das Nachspüren der Gottesdienste im Advent. Die tollen Texte, die dort gelesen werden und die Musik – all dies ist für mich im Nachklang Entspannung und Ruhe.

Welche Traditionen finden Sie aus christlicher Sicht besonders wichtig?

Kloker: „Tradition ist nicht das Halten der Asche, sondern das Weitergeben der Flamme“. Das sagte der englische Humanist Thomas Morus (1478-1535). Traditionen müssen lebendig und mit Inhalt gefüllt sein. Für uns Christen ist dieser Inhalt nach wie vor von großer Bedeutung, weil Gott ein sehr starkes Zeichen gesetzt hat: Er setzt ein Kind, seinen Sohn, in die Welt. Advent und Weihnachten haben also eine Tradition, die mit einem starken Inhalt gefüllt ist, und sind somit das Weitergeben einer Flamme.

Kaupp: Ich finde dieses Sich-Aufmachen und zum Licht werden in der Adventszeit eine bedeutende Tradition.

Traditionen können auch weh tun, wenn zum Beispiel jemand aus der Familie nicht mehr da ist…was raten Sie diesen Menschen?

Kloker: Das Leben ist dem ständigen Wandel unterworfen. Und so sollen sich auch Traditionen dem Wandel und den neuen Bedingungen im Leben anpassen. Damit sie zu den Menschen passen und – um bei Thomas Morus zu bleiben, „nicht zur Asche werden“.