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2 Frauen pflücken Blumen und lächeln in die Kamera
Foto (Schwenk): Susi Grimmeisen und Renate Fischer (rechts)

Die schönsten Blumen für den Leib Christi

Sibylle Schwenk

Für viele Menschen ist Fronleichnam ein freier Tag, der mit dem nachfolgenden Brückentag geradezu ideal für einen Kurzurlaub ist. Viele können nichts mehr anfangen mit dieser besonderen Art der Volksfrömmigkeit: In einer Prozession mit Liedern und Gebeten, trägt der Priester die geweihte Hostie in einer Monstranz von Station zu Station. Er geht unter einem so genannten „Himmel“ und vor den „Stationen“ erstreckt sich ein prächtiger Blumenteppich. Obwohl diese große Tradition mit ihren symbolhaften Handlungen nicht mehr in diese Zeit zu passen scheint, lebt sie in vielen Gemeinden weiter. So auch in St. Lukas in Tannhausen. Dort kümmert sich seit über zehn Jahren – gemeinsam mit vielen anderen Gemeindemitgliedern – Renate Fischer um den Blumenteppich vor der Schule.

„Ich nehme in der Woche vor Fronleichnam immer Urlaub“, lächelt Renate Fischer. Die gelernte Krankenschwester sagt das ganz ohne Wehmut. „Es ist ein Dienst, den ich sehr gerne tue“, führt sie aus. Und die Zeit brauche sie einfach, denn „wenn ich etwas mache, dann mache ich es richtig“. Die in der Kirchengemeinde St. Lukas vielfach engagierte Renate Fischer legt seit über zehn Jahren gemeinsam mit einigen Helferinnen und Helfern den Blumenteppich vor der Schule. Und sie tut das mit einer gewissen Professionalität. „Man braucht dafür eine bisschen Routine“, sagt die Tannhäuserin aus Erfahrung.

Das Motiv überlegt sie sich schon eine ganze Weile vor dem Hochfest des „Heiligen Leibes und Blutes Christi“, wie Fronleichnam (abgeleitet aus dem Mittelhochdeutschen „vrone licham“ – des Herrn Leib) nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil in der offiziellen Liturgie genannt wird. In diesem Jahr steht die Mutter Gottes im Vordergrund und das Rosenkrankgebet. Auf einem Plakat in der Größe des Blumenteppichs, der zwei auf drei Meter misst, hat sie bereits alles vorgezeichnet. „Nach diesen Konturen arbeiten wir“, lässt Renate Fischer wissen. Auch Susi Grimmeisen hilft mit, wenn diese besondere Kunst entsteht. Außerdem kümmert sie sich um die Sträuße rund um den Altar.

Welche Blumen zum Einsatz kommen, das bestimmt die Natur selbst. „Je nachdem, wann Fronleichnam ist, hat man ganz unterschiedliche Blüten zur Verfügung. Der Feiertag richtet sich immer nach Ostern. 60 Tage danach ist Fronleichnam, am zweiten Donnerstag nach Pfingsten. „Dieses Jahr ist es sehr spät im Jahr“, überlegen Renate Fischer und Susi Grimmeisen. Aber sie wissen schon, welche Blumen vom Feld und aus den Gärten der Tannhäuser sie für den Blumenteppich pflücken können: Margeriten, Kornblumen, Begonien aus der Gärtnerei, Lupinen, Pfingstrosen und Rosen. Letztere stammen zumeist aus den Gärten der Gemeindemitglieder. „Ihr könnt ruhig die Blumen bei mir holen“. Das hört Renate Fischer schon oft im Vorfeld und ist sehr dankbar dafür.

Eine schöne Tradition gibt es in Tannhausen am Dienstagnachmittag vor Fronleichnam: Die Frauen, die Blumen sammeln, laden die Seniorinnen und Senioren des Dorfes zum Blumenzupfen ein. Dazu gibt es Kaffee und selbst gebackenen Kuchen.

Das Motiv, das Renate Fischer vorgezeichnet hat, gewinnt übrigens durch feine Erde seine Kontur. Die Erde wird gesiebt und nass gemacht, damit sie gut formbar ist. Danach müssen die Konturen trocknen, bevor die Blüten zum Einsatz kommen. „Das machen wir auch erst am Mittwochnachmittag“, beschreibt Renate Fischer.

Am Fronleichnamstag selbst geht der Tag für die Frauen schon früh los. Man trifft sich um 6 Uhr morgens, der Blumenteppich, der auf der Holzplatte in einer Scheune gelegt wurde, wird zum Altar vor der Schule getragen. Danach kommt noch der Feinschliff mit frischen Blüten. Susi Grimmeisen platziert die Blumenvasen, das große Holzkreuz hängt hinter dem Altar vor einem roten Vorhang.

Die Prozession mit Pfarrer Jens Kimmerle macht ihre erste Station an der Schule, zwei weitere, sehr einfühlsam und kunstvoll gestalte Stationen folgen.

Das Fest Fronleichnam wird – auch wegen dieser besonderen Tradition der Blumenteppiche – immer ein ganz besonderes im Kirchenjahr bleiben. Ein Fest der Achtung und Ehrerweisung des Leibes Christi und des Glaubens an die reale Gegenwart Gottes. Und dafür sollen die schönsten Blumen dienen.